Die Demokratie bringt eine Sache mit sich, die sowohl positive als auch negative Seiten hat: Die Wahlen. Denn irgendwie muss ja bestimmt werden, wer durch das Volk für das Volk über das Volk regiert, nicht?
Abgesehen davon, dass Wahlen dem Otto Normalbürger das Gefühl geben, mitbestimmen zu können, bringen sie auch einige interessante Aspekte beim Basteln an der Welt mit sich:
Fixpunkt in der Geschichtsschreibung: Gewählt wird in regelmäßigen Abständen, was regelmäßige Einträge in der Chronik der Welt zur Folge hat. So kann theoretisch alle 4, 10 oder 32 Jahre (je nach Länge der Legislaturperiode halt) der Präsident des Landes wechseln, was natürlich nicht uninteressant zu erwähnen ist.
Auch Neuwahlen, weil eine Koalition auseinander bricht, ein Politiker stirbt oder zurücktritt, geben schöne geschichtliche Ereignisse ab. Außerdem kann man um eine Neuwahl ein schönes politisches Intrigenspiel spinnen.
Wende in der Landes-Politik: Ein Land, dass immer erzkonservativ und glaubensabhängig war, vollzieht vielleicht bei einer Wahl eine tiefgreifende Wende, wenn plötzlich die Hippies gewinnen.
Wahlsysteme
Merke: Demokratie ist nicht gleich Demokratie. Bei den Amerikanern funktioniert es anders als bei uns oder bei jemand anderem. Natürlich stehen immer die Wählerstimmen im Vordergrund, aber es gibt verschiedene Methoden, etwas mit den Wählerstimmen anzufangen.
Verhältniswahlrecht
Wahlen stehen vor der Tür, der Wahlkampf rollt an und folgende Parteien geben sich die Ehre: Die Ehrlosen, die Konservativen, die Liberalen und die Hippies.
Nach dem Wahltag hat man folgendes Ergebnis:
40 % für die Konservativen
38 % für die Liberalen
18 % für die Hippies
4 % für die Ehrlosen
Die Wahl gewonnen haben also die Konservativen mit 40 % – sie haben die meisten Stimmen, also eine relative Mehrheit im Parlament und kriegen daher auch den Auftrag zur Regierungsbildung.
Allerdings haben sie keine absolute Mehrheit, können also nicht schalten und walten, wie sie wollen: Um Gesetzesbeschlüsse zu beschließen, brauchen sie die Zustimmung einer der anderen Parteien.
Denn im Verhältniswahlrecht ist es so, dass der Prozentsatz der Stimmen auch dem Prozentsatz der Sitze im Parlament entspricht. Die Konservativen werden also 40 % der Parlamentarier stellen, die Liberalen 38 % usw. usf.
Meist führt dies zur Bildung einer Koalition: Die Konservativen verhandeln mit den Liberalen oder den Hippies über ein gemeinsames Regierungsprogramm und bilden dann gemeinsam eine Regierung. Der Koalitionspartner stellt dann den Vizepräsidenten oder Vizekanzler und übernimmt ein paar Ministerien, während der Rest beim Wahlsieger bleibt.
Obwohl eigentlich ein Vorteil, dass keine Partei einfach so absolut regieren kann, führt der Koalitionszwang in der Praxis oft zu Problemen: Inhaltlich völlig unterschiedliche Parteien sind dazu gezwungen, zusammenzuarbeiten, was oftmals in Streit, Meinungsverschiedenheiten und langem Stillstand resultiert, weil keine Partei der anderen zustimmen will.
In unserem Beispiel ist die Koalitionsbildung außerdem noch recht einfach, weil es nur 4 Parteien gibt. Eine Koalition mit einer Partei reicht den Konservativen.
Schwerer wird die Koalitionsbildung, wenn es mehr Parteien, z.B. sieben oder acht ins Parlament schaffen und die Konservativen plötzlich mehr als einen Koalitionspartner brauchen, um eine regierungsfähige Mehrheit zu erhalten.
Ein Beispiel hierfür wäre die Weimarer Republik: Damals schafften es so viele Kleinstparteien ins Parlament, dass es nicht möglich war, eine Koalition zu bilden. In der Folge war das Parlament handlungsunfähig.
Um dies auszuschließen, gibt es mittlerweile in den meisten Demokratien eine „Stimmzahlhürde“, um Kleinstparteien von vornherein auszusieben. Meist ist diese Hürde etwa bei 5 % angesiedelt – die Ehrlosen hätten es in unserem Beispiel mit 4 % also nicht mehr ins Parlament geschafft.
Mehrheitswahlrecht – First Past the Post
Etwas einfacher verhält es sich mit dem Regierungsbilden im Mehrheitswahlrecht: Wer die relative Mehrheit macht und die Wahl gewinnt, erhält auch die absolute Mehrheit im Parlament.
Ein Beispiel aus Großbritannien im Jahre 2005 – damals ergab sich folgendes Wahlergebnis:
35 % Labour
32 % Conservatives
22 % Liberal Democrats
11 % andere Parteien
Die Labour-Partei gewann die Wahl. Dementsprechend sah danach die Sitzverteilung im Parlament aus:
55 % Labour
31 % Conservatives
10 % Liberal Democrats
5 % andere Parteien
Die Labour-Partei bekam also 55 % der Sitze im Parlament, hatte damit eine absolute Mehrheit und konnte im Prinzip regieren, wie sie wollte.
Ein Vorteil dieses Systems ist ganz klar, dass der lange Prozess der Regierungsbildung wegfällt: Wer die Wahl gewinnt, regiert – fertig. Keine langen Verhandlungen, keine Koalitionsstreitigkeiten, kein Stillstand, weil sich die Politiker der verschiedenen Parteien nicht einig sind.
Der Nachteil dieses Systems ist hingegen, dass der Wählerwille nicht direkt repräsentiert wird. War ein Ergebnis knapp, z.B. 34% zu 35%, so kriegt die Partei mit 35 % die absolute Mehrheit, während der knappe Verlierer die Oppositionsbank drücken muss. Es hat nicht die Mehrheit der Wähler die Partei gewählt, aber dennoch kriegt sie die Mehrheit der Sitze im Parlament – auf Kosten der anderen Parteien.
Sonderfall Amerika
Auch das amerikanische Wahlsystem basiert auf dem Mehrheitswahlrecht. Allerdings etwas anders.
In Amerika kann jeder wahlberechtigte Bürger zur Wahl gehen und für seinen Favoriten stimmen. Allerdings wird der Präsident nicht direkt durch das Volk gewählt. Die Verfassung verlangt, dass ein so genanntes „Wahlmännergremium“ letztendlich entscheidet wer die Präsidentschaftswahl gewinnt.
Und das läuft so:
Amerika ist aufgeteilt in 50 Bundesstaaten. In jedem dieser Staaten wird gewählt, die Stimmen werden ausgezählt und der Sieger im Staat bestimmt. Und der Sieger im Staat „gewinnt“ dann die Stimmen der Wahlmänner, die diesem Staat zugeordnet sind.
Ein fiktives Beispiel ohne Realitätsbezug: Obama kommt in Kentucky auf 55 % der Stimmen, McCain auf 45 %. Kentucky ist 5 Wahlmänner „wert“, die in Folge dessen alle Obama gewinnt.
Allerdings sind nicht alle Bundesstaaten gleich viele Wahlmänner wert: So ist ein Sieg in Maine oder Washington D.C. Relativ unbedeutend im Vergleich zu einem Sieg in Florida oder Texas.
Ein Hauptproblem an diesem indirekten Wahlsystem ist, dass es nicht die Gesamtheit der Stimmen ist, die den Wahlausgang bestimmt, sondern die Zahl an Wahlmännern, die der Kandidat gewonnen hat.
Im Jahr 2000 war es beispielsweise so, dass George Bush und Al Gore gegeneinander antraten. Bush gewann mehr Wahlmänner und wurde somit Präsident der Vereinigten Staaten.
Gesamt hatte aber Gore mehr Wählerstimmen erhalten – nur eben nicht in den wertvolleren Bundesstaaten…
Für was für ein System man sich als Weltenbauer in der Demokratie auch entscheidet, es gibt immer irgendwelche Probleme und Ungereimtheiten. Vielleicht sollte man sich gleich ein eigenes System ausdenken? Obige sind jedenfalls nur 3 prominente Beispiele und auch nur recht oberflächlich behandelt, um die Systeme im Groben zu erläutern. Wer ein solches System in seine Welt integrieren will, dem sei empfohlen, sich erst noch etwas tiefer in die Materie einzuarbeiten.
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