Weltenbauartikel: Spiele und Spielzeug

Je intelligenter der Mensch wird, desto mehr Arbeit nehmen ihm Maschinen – oder auch andere Menschen – ab. Entsprechend müssen im Laufe der Geschichte immer seltener die Kinder mit anpacken, um das Überleben der Familie zu sichern. Kindheit kann sich ausdehnen und ausdifferenzieren. Sobald dieser Prozess in Gang kommt, können Kinder – und später auch Erwachsene spielen.
Doch womit?
Es entsteht Spielzeug, Gegenstände, die nur zur Freude da sind und keinen anderen (vermeintlich nützlicheren) Zweck erfüllen – das aber leider bisher in der fantastichen Literatur selten oder gar nicht erwähnt wird. Deswegen gibt es diesen Sonntag einen Artikel über Spielzeug (für kleinere und größere Kinder).

Puppen und Stofftiere

Puppen gehören zu den allerältesten Spielsachen überall – das liegt vielleicht daran, dass das Anfertigen von Abbildungen von anderen Lebewesen von den Menschen praktisch „schon immer“ betrieben wurde, wenn auch nicht immer, um damit zu spielen. Die ersten Puppen waren eher Gebrauchsgegenstände, meist dienten sie kultischen Zwecken und wurden symbolhaft in Gräber gelegt, verbrannt, zerstört oder sonstwie gehandhabt.
Erst ab den Hochkulturen u.a. des alten Ägyptens sind Puppen auch als Spielzeug belegt – dort spielten Kinder mit teilweise beweglichen Tonpüppchen, die Menschen darstellen sollten. Zu Beginn der frühen Neuzeit (also um 1500 herum) wurde das Herstellen von Puppen zunehmend zum Handwerk und somit kommerzialisiert. Mittlerweile gibt es Puppen in allen Formen, Farben und mit allen möglichen Zielgruppen – vom klassischen Baby über die Barbiepuppe bis hin zu Monster-High-Zombiedamen auf Highheels ist alles möglich. Für die Jungs der Schöpfung gab es zumindest in den Neunzigern den „Action Man“ – im Grunde genommen Ken in Vollbeweglich mit Plastehaaren – und diverse Actionfiguren in kleinerem Format.
Schon im alten Rom wurden zu den Puppen auch Accessoires angefertigt – Puppenhäuser, kleine Möbel und selbstverständlich Kleider.

Stofftiere sind ähnlich – sie bilden meist in verniedlichter und teilweise vermenschlichter Form Tiere ab, die tatsächlich existieren (Bären, Hasen, Mäuse), mal exisitiert haben (Plüschdinosaurier). Außerdem gibt es das neuere Plastik- und das ältere Holzspielzeug in allen möglichen Formen, Größen und Farben.

Brettspiele

Vorläufer der heutigen Brettspiele gab es schon in der Antike – nachgewiesen sind mehr als viertausend Jahre alte Spielbretter, woraus folgt, dass schon zu dieser Zeit gespielt wurde. Neben dem „Königlichen Spiel von Ur“ (dessen ursprüngliche Regeln vermutlich nicht mehr erhalten sind) kennen viele Menschen vor allem das ägyptische „Senet“ – es spielte eine tragende Rolle in einer der Folgen der Trickfilm-Produktion „Tutenstein“.
Allerdings waren Brettspiele besonders in der Vergangenheit seltener für den Zeitvertreib von Kindern bestimmt – Senet bezieht sich auf viele Stationen der ägyptischen Mythologie und Schach galt als gute Übung für den Feldherren. Gespielt wurden die Brettspiele größtenteils von Adeligen oder vergleichbaren, reichen Schichten, die selbst nicht arbeiten mussten. Die Fähigkeit, gut z.B. Schach oder das mittelalterliche Philosophenspiel zu spielen, galt als eine Grundfähigkeit, über die ein mitteleuropäischer Adliger zu verfügen hatte.
Brettspiele für die breite Masse wurden erst um 1900 populär und dienten damals oft weiterhin eher dem Zeitvertreib für Erwachsene, erst in neuerer Zeit spezialisierten sich die Brettspielautoren auch auf jüngeres Publikum.

Würfelspiele

Auch diese waren schon seit der Antike verbreitet – nicht immer hat man dafür jedoch tatsächlich Würfel genutzt, der Sprunggelenkknöchel von Rindern, Schafen oder Ziegen konnte ebenfalls zum „Würfeln“. Wurde der Knochen nämlich geworfen, konnte er auf vier Seiten liegen bleiben. Dabei war die Häufigkeit der einzelnen Seiten ungleich verteilt und die seltenste Seite brachte dem Werfer die meisten Punkte. Besonders beliebt im alten Griechenland, gab es dort Spielvarianten mit zwei, aber auch mit weitaus mehr Wurfknöchelchen.
Nicht alle modernen Spielwürfel zeigen die bekannten Würfelaugen – auf Pokerwürfeln sind Spielkartensymbole abgebildet und es gibt verschiedene mit Zahlen oder Symbolen versehene Spielwürfel für allerlei andere Spiele. Würfel mit mehr als sechs Flächen werden überwiegend beim Rollenspiel verwendet.
In der Regel gehören Würfelspiele zu den Glücksspielen und wurden bzw. werden um Geld gespielt. Auch hierbei handelt es sich also eher um eine (von staatlicher Seite oftmals verbotene) Freizeitbeschäftigung für Erwachsene, wobei es einsatzfreie Varianten für Kinder gibt.

Kartenspiele

Kartenspiele sind seit dem Mittelalter in Asien, in Europa erst seit der frühen Neuzeit belegt. Da Kartenspiele nicht zwingend auch Glücksspiele sein müssen, höheres Geschick erfordern als reines Würfeln und in der frühen Neuzeit zumindest in Europa ohnehin tendentiell der oberen Schicht vorbehalten waren, wurde nicht so strikt gegen sie vorgegangen wie gegen Würfelspiele.
Dabei müssen die Spielkarten nicht, wie heute weit verbreitet, rechteckig sein: In Indien sind Spielkarten beispielsweise in der Regel rund.
In Deutschland ging mit der Verbreitung von Spielkarten auch eine stärkere Entwicklung von Drucktechniken einher – die Industrien förderten sich gegenseitig, ermöglichten doch billigere Druckverfahren eine billigere und schnellere Herstellung von Spielkarten.
In Europa herrschen heute das französisiche (Pik, Kreuz, Herz, Karo) und das deutsche (Schelle, Eichel, Blatt, Herz) Blatt vor, in der Renaissance war auch das spanische Blatt bekannt.
Indische Kartenspiele operieren mit oftmals mehr als acht möglichen Farben und einer größeren Anzahl an Zahlenkarten, sodass die Anzahl der Karten je Spiel weit größer als bei europäischen Spielen ist. Als Bildkarten werden Motive aus der Mythologie oder der Astrologie verwendet.
Chinesische Spielkarten erinnern aufgrund ihrer länglichen Form eher an Täfelchen.

Fazit

Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt aus den Spielzeug- und Spielevariationen, die sich schon in unserer Welt ergeben.
Schaut man sich jedoch erfundene Welten an, so findet man dort eher seltener ausgebaute fiktive Spiele mit Bezug auf die erfundene Welt. Dabei können Spiele das Salz in der Suppe des Weltenbaus sein – wer was spielt, hängt stark von den Gegebenheiten einer Welt ab und so kann man seine Welt auch über die in ihr gespielten Spiele charakterisieren.

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Über Katherina Ushachov

Lektoriert, liest alpha, beta, gamma und omega. Administriert Foren, entdeckt beim Schreiben und schafft dabei Trilogien in neun Bänden. Dichtet.
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5 Antworten zu Weltenbauartikel: Spiele und Spielzeug

  1. Julia schreibt:

    Spannender Artikel! Dass Brettspiele erst im Laufe der Neuzeit eine allgemeine Verbreitung fanden, kann ich allerdings so nur begrenzt glauben. Ich denke, hier liegt der Fokus zu sehr auf aufwendigen Strategiespielen wie Schach, für die man eine spezifische Ausstattung benötigt. Für viele einfachere Spiele braucht man aber kaum spezielle Dinge, ein Mühlespiel etwa kann man problemlos in die Erde ritzen und mit Steinchen und Nüssen spielen. Dazu kommt, dass gerade bei den Römern Spielsteine aus verhältnismäsig billigen Materialien im Fundmaterial weit verbreitet sind, Reste von Spielbrettern finden sich auf vielen Ramsch-Materialien (Ziegel, zerbrochene Teller) und an allen möglichen Orten, oft auch im öffentlichen Raum, also beispielsweise eingeritzt auf Treppenstufen oder vor Kneipen etc. Da werden wohl nicht nur Angehörige der Oberschicht gesessen haben.

    Übrigens: ich nehme an, dass der Artikel doppelt da ist, sollte wohl nicht so sein…

    • fruehstuecksflocke schreibt:

      Huch, ja – da war unsere Frau Feuerblut wohl nicht gaz bei sich, als sie den Artikel gepostet hat ;)
      Hab die Verdopplung entfernt. Vielen Dank für den Hinweis, Julia!

    • Evanesca Feuerblut schreibt:

      Stimmt, ich dachte tatsächlich mehr an Schach, Dame und andere Spiele mit kompliziertem Regelsystem und aufwendigen Spielsteinen.
      An die ganzen kleinen Spiele, die sich auch Kinder selbst basteln konnten, habe ich dabei nicht direkt gedacht.
      Dass Kinder aus Steinen und Holz, aus Nüssen oder aus dem Nichts wunderbares Spielzeug schaffen können, schien mir einfach so selbstredend, dass ich es nicht erwähnt habe :).

      Ich habe den Artikel in aller Eile tatsächlich doppelt kopiert. Danke an fruestuecksflocke fürs Beheben und Korrigieren!

  2. Carmilla DeWinter schreibt:

    Aus meinen Recherchen weiß ich, dass auch Mulden in Sand zusammen mit ausreichend Steinchen für ein Strategiebrettspiel reichen. Gespielt wird selbiges von jener Volksgruppe, die hierzulande Tuareg genannt wird.
    Insofern würde ich ebenfalls widersprechen, dass Brettspiele generell nur was für die Oberschicht waren.

    • Evanesca Feuerblut schreibt:

      Danke für die Info! Um ehrlich zu sein habe ich mich weitestgehend auf Europa/Asien beschränkt, aber anscheinend habe ich dabei eine Menge verpasst…
      Zum Thema Tuareg/Spiele recherchiere ich also auf jeden Fall noch mal nach, danke, Carmilla!

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