Fallstudie: Brot und Spiele I – Quidditch

Die ganze Welt ist mit der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien beschäftigt und niemand kümmert sich mehr um Fantasywelten. Niemand? Doch, zwei unbeugsame Weltenanalytiker kämpfen noch auf dem Gefilde der fiktiven Welten und lassen sich nicht unterkriegen.
Ironischerweise um weltenbaubegeisterte Leser mit einer Serie rund um historische und fiktive Sportarten und Wettbewerbe zu informieren und zu unterhalten.

Fangen wir mit Quidditch an – es trifft sich, dass auf Pottermore im Moment die Quidditch-Weltmeisterschaft 2014 in der patagonischen Wüste (Argentinien/Chile) abläuft, mit spannenden Spielreportagen aus der Feder von Ginny Potter.

Geschichte

Seit 1473 wird alle vier Jahre die Quidditch-Weltmeisterschaft veranstaltet, wobei sich das Spiel anfangs nur in Europa ausbreitet – erst im siebzehnten Jahrhundert nehmen auch Mannschaften aus anderen Kontinenten an der Weltmeisterschaft teil.
Das Spiel selbst ist wesentlich älter: Puddlemere United – auf Deutsch: „Eintracht Pfützensee“ – ist die älteste belegte Quidditch-Mannschaft und wurde bereits 1163 gegründet. Archaische auf Besen basierende Spiele können bis ins frühe Mittelalter nachgewiesen werden. Quidditch selbst basiert auf einem Spiel, das 1050 beobachtet wurde und bei dem ein Ball über ein Moor hinweg durch die Äste bestimmter Bäume geworfen werden sollte, um Punkte zu erzielen. Später wurden Steine verzaubert, um die Spieler zu attackieren.
Der Schnatz kam erst 1269 dazu – als ein Spielebesucher einen kleinen Vogel, den Schnatzer, zum Spiel mitbrachte und 150 Galleonen dem Spieler versprach, der ihn fangen würde. Daraus entwickelte sich die Tradition, einen solchen Vogel bei jedem Spiel freizulassen und von einem Spieler fangen zu lassen. Im vierzehnten Jahrhundert war der Vogel nahezu ausgestorben und wurde unter Naturschutz gestellt, in der Folge wurde ein Ersatz aus Metall verwendet.
Erst 1883 lagen die Quidditch-Regeln jedoch in der gegenwärtigen Form vor.

Hinter der Weltmeisterschaft stecken umfassende logistische Vorbereitungen – das ausrichtende Zaubereiministerium muss die An- und Anreise sämtlicher Magier garantieren, das ganze Gelände mit Muggelabwehrzaubern belegen und natürlich muss auch ein hohes Stadion so angelegt werden, dass kein Muggel etwas mitbekommt.
Während der ersten Quidditch-Weltmeisterschaft kamen sämtliche Foularten vor – dabei gibt es mehr als 700 davon!
In Großbritannien gibt es nur eine einzige Quidditch-Liga mit dreizehn Mannschaften, da mehr Mannschaften nicht ohne zu großen Aufwand vor den Muggeln versteckt werden könnten. Während der Weltmeisterschaft treten Schottland, Wales, Irland und England aber jeweils als separate Nationen auf.

Regeln

In den Romanen werden die Regeln mehrfach erklärt (einmal sehr ausführlich im ersten Band, im zweiten Band werden sie noch einmal wiederholt und in späteren Bänden zumindest ansatzweise dem Leser immer wieder in Erinnerung gebracht), in den Filmen zumindest in der Verfilmung von „Der Stein der Weisen“.
Jede Mannschaft besteht aus sieben Spielern – drei Jägern, einem Hüter, zwei Treibern und einem Sucher. Gespielt wird mit vier Bällen – dem Quaffel, zwei Klatschern und dem goldenen Schnatz. Dabei können alle Bälle außer dem Quaffel selbst fliegen – die Klatscher versuchen dabei, die Spieler von den Besen zu werfen und der Schnatz flitzt wie ein Vögelchen über das ganze Spielfeld.
Die Jäger werfen sich den Quaffel zu und versuchen, ihn durch einen der drei Torringe des Gegners zu werfen. Ein Tor zählt zehn Punkte. Der gegnerische Hüter versucht, den Quaffel abzufangen. Treiber kümmern sich um die von selbst fliegenden Klatscher und schlagen sie mit ihren Schlägern in Richtung der gegnerischen Spieler, um sie von den Besen zu werfen oder vom Toreschießen abzuhalten. Der Sucher hält sich raus – und sucht nach dem goldenen Schnatz.
Sobald der gefangen ist, ist das Spiel beendet und die Mannschaft, die ihn gefangen hat, erhält 150 Punkte. Es gewinnt jedoch am Ende die Mannschaft mit den meisten Punkten – und das muss nicht zwingend die sein, die den Schnatz gefangen hat.
Ein Quidditch-Spiel hat entsprechend auch keine festgelegte Länge – der Rekord für das kürzeste Spiel liegt bei dreieinhalb Sekunden, das längste Spiel dauerte drei Monate.
Gespielt wird auf Rennbesen.
Das Spielfeld ist ovalförmig und sehr groß, um auch schnelle Flugmanöver zu ermöglichen. An den zwei Enden stehen etwa fünfzig Meter hohe Torringe. Es ist von erhöhten Tribünen für die Zuschauer umgeben.
Ein Schiedsrichter – bei größeren Spielen unterstützt von zwei Hilfsrichtern – muss sämtliche Spieler im Blick haben, um bei Verstößen einschreiten zu können. Es ist seine Aufgabe, Freiwürfe anzuordnen und zu überwachen. Der Mannschaftskapitän kann beim Schiedsrichter per Handzeichen um eine Spielpause bitten.
Einige Einzelregeln werden im Film anders dargestellt als in den Büchern – so gilt es beispielsweise als Regelverstoß, über die Spielfeldbegrenzung hinwegzufliegen. In der Verfilmung von „Die Kammer des Schreckens“ fliegen Harry und Draco jedoch wiederholt bei den Tribünen herum und verursachen dort einigen Sachschaden…

Auswirkungen auf die Zauberwelt

Genauso wie im Kleinen die Hausmeisterschaften ein Großereignis für eine Mehrheit der Hogwartsschüler darstellen, ist die Quidditch-Weltmeisterschaft in ihrer Bedeutung für die Zaubereiwelt mit der realen Fußball-WM durchaus vergleichbar.
Die Händler nutzen das WM-Fieber gnadenlos aus, sodass neben allerlei nützlichen Dingen wie beispielsweise Omnigläsern – man kann Manöver wiederholen, auf Zeitlupe umschalten, Kommentare einblenden… – auch eine Menge Merchandising ohne wirklichen Zweck verkauft wird.
Dazu gehören unter anderem im Vorfeld des Spiels Irland-Bulgarien bei der Weltmeisterschaft 1994 Hüte mit tanzenden Kleeblättern, Fahnen die beim Schwenken die Namen der entsprechenden Nationalspieler ausrufen und Actionfiguren berühmter Quidditch-Spieler.
Die anwesenden Zauberer kommen nicht umhin, ihre Zelte zu schmücken, beispielsweise mit Postern ihres Starspielers, mit Erkern, Vorgärten, Vogelbädern… und die Iren ließen 1994 ihre Zelte mit Efeu zuwachsen.
Allerdings kann die Weltmeisterschaft nicht seitens des Zaubereiministeriums ausgenützt werden, um unbemerkt allerlei unbequeme Gesetze zu verabschieden – dazu sind die Ministeriumsarbeiter selbst viel zu sehr damit beschäftigt, für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen.
Und wie wir das von der Zaubereiwelt kennen, kommt es dabei oft zu bizarren Situationen und Dinge laufen aus dem Ruder.
Allerdings kann im Umkehrschluss die Weltmeisterschaft seitens radikaler Gruppen missbraucht werden, um auf sich aufmerksam zu machen. So geschehen bei der Weltmeisterschaft 1994, als ehemalige Todesser es ausnützten, dass einer der Ihren das Dunkle Mal an den Himmel gezaubert hat, um Unheil zu stiften.

Fazit

Quidditch ist toll. Ja, es hat seine Schattenseiten – Hermine hat nicht Unrecht mit ihrer Bemerkung, es würde den Zwist zwischen den Häusern zusätzlich anstacheln und oft werden Spieler dabei verletzt. Aber es ist noch niemand gestorben und wenn schon eine einfache Schulkrankenschwester auch gebrochene Schädel und verschwundene Knochen nachwachsen lassen kann – was können dann erst die Heilerteams in Sankt Mungo? Keine Sportverletzung, die nicht zum Verschwinden gebracht werden kann.
Aber immerhin wird es nicht genutzt, um die Bevölkerung über dubiose Gesetzesentwürfe hinwegzutäuschen, da die Gesetzgeber selbst mehr als ausgelastet sind.

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Über Katherina Ushachov

Lektoriert, liest alpha, beta, gamma und omega. Administriert Foren, entdeckt beim Schreiben und schafft dabei Trilogien in neun Bänden. Dichtet.
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2 Antworten zu Fallstudie: Brot und Spiele I – Quidditch

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