Zeitzeugin Guddy hat uns vor mehr als einem Monat mit einem Stöckchen beworfen: Sie will die ersten Sätze von drei Romankapiteln sehen.
Evanesca hat bereits letzte Woche ihre drei Sätze veröffentlicht. Heute bin ich dran. Die Sätze von Guddy selbst finden interessierte Leser übrigens dort.
Gleich am Anfang muss ich aber noch klarstellen, dass ich Guddys Aufgabe nicht folge, aus dem simplen Grund, dass ich das nicht kann. Ich habe seit Ewigkeiten keinen Roman mehr geschrieben, sondern mich auf Kurzgeschichten verlegt. Da es wenig Sinn hat, zehn Jahre alte Romankapitel auszugraben, gibt es von mir heute die ersten Sätze meiner Lieblingskurzgeschichten.
Wie Evanesca auch, werde ich für etwas mehr Kontext auf die ersten drei Sätze erweitern.
Kurzgeschichte 1
Tap. Tap. Tap. Dieser Blick. Nervös trommelte er mit den Fingern auf die Schreibtischkante.
So betrachtet erstaunlich kontextlos, gehört dieser Anfang zu meiner bisher allerliebsten Kurzgeschichte „Die Gewerkschaft“. Ich habe sie im April auf meinem Kurzgeschichtenblog Tintenfleck veröffentlicht. Im Grunde ist es der Auftakt zu einer harten Verhandlungsrunde, bei der der Protagonist eher schlechte Karten hat … wer den Text lesen will, findet ihn hier.
Kurzgeschichte 2
Takataka. Takataka. Rhythmisch jagt er dahin, rasend lässt der Zug die Welt hinter sich, unberührbar jenseits des Fensters. Wälder, Bäume, Blätter und Wiesen, Gräser, Halme – sie alle werden eins, durchmischt mit Häusern und Höfen, dahinter die Berge.
So gesehen kein Lieblingsanfang und keine Lieblingsgeschichte – beim Durchwühlen meiner Texte ist er mir aber ins Auge gefallen, weil er (genauso wie Kurzgeschichte 1) mit einem Geräusch beginnt. Beim weiteren Stöbern stellt sich sogar heraus, dass ich sehr viele Texte irgendwie mit Geräuschen begonnen habe, ein anderer Text fängt beispielsweise so an:
Die Bestie schrie ohrenbetäubend auf, als Sir Elias von Wolkenbruch ihr das Schwert bis zum Anschlag in den Leib trieb.
Oder so:
Die Tür fiel schwer ins Schloss.
Ich fürchte, ich hänge da in einer Gewohnheit fest …
Die obigen zitierten Texte gibt es übrigens alle auch auf Tintenfleck: „Zug“, „Musenstreich“ und „Valentinstag“ (die Titel sind jeweils Links).
Kurzgeschichte 3
Es war einmal ein lauer Sommerabend, irgendwo in der Provinz. Heute kann man sich das kaum noch vorstellen, wo doch eine Kaltfront die andere jagt und nur die alten Großväter noch auf den Bänken vor ihren Häusern sitzen – denn Gewohnheiten ändern sich nie, Wetter hin oder her – und von der seligen alten Zeit erzählen, als es noch so was wie Sommer gab.
Tja, was macht man, wenn man nicht mit einem Geräusch anfangen will? Genau, übers Wetter reden …
Der Text ist noch unveröffentlicht, ich überarbeite ihn gerade für eine Ausschreibung. Drückt mir die Daumen!
Und das war es auch schon! Da Evanesca bereits letzte Woche das Stöckchen weiter gereicht hat, möchte ich an dieser Stelle darauf verzichten.
Hat Spaß gemacht und zu ungeahnten Einsichten geführt. Ich bin dann mal weg, über die Geräuschsache meditieren. Schönen Sonntag noch!
Weißt du was? Ich wurde zwar mit keinem Stöckchen beworfen aber mich interessiert das und darum mache ich mit. Vielleicht habe ich bisher auch einfach zu wenige Schreiberlinge in meiner Blogsphäre ;-) Sei also nicht böse wenn ich ungefragt klaute :D
LG
Sólveig
Nur zu! Ich finde die Sätze, die andere bisher gepostet haben, sehr spannend. So direkten Werkstatt-Einblick bei Schreibern hat man selten. :-)
Gib bescheid, wenn du deine ersten Sätze gepostet hast! :-)
Mach ich. Falls du Pingpacks in deinen Einstellungen erlaubst, wirst du es eh merken ;)
Sind aktiviert! :)